Hier sind die Stellungnahmen der Abgeordneten aus Rheinland-Pfalz zum geplanten Verbot der Suizidbeihilfe zusammengestellt. Einige Stellungnahmen wurden aufgrund ihrer Länge sinnwahrend zusammengefasst. An alle Abgeordneten ging das folgende Anschreiben:
Die erneuten Aktivitäten von Herr Kusch haben das Thema Beihilfe zur Selbsttötung (Assistierter Suizid) ja wieder in die Medien gebracht. Sind Sie als Abgeordnete mit der jetzigen gesetzlichen Regelung zu diesem Thema zufrieden oder würden Sie eine der folgenden Gesetzesinitiativen unterstützen?
a) Ein Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung
b) Ein Verbot der organisierten Beihilfe zur Selbsttötung
Wären Sie ggf. auch bereit, selber die Initiative für eine solche Gesetzesänderung zu ergreifen?
Abgeordnete(r) | Partei | Wahlkreis | Stellungnahme |
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Erwin Rüddel | CDU | 198 | Zunächst gilt es festzuhalten, dass Selbsttötung als Haupttat in Deutschland straffrei ist. Eine strafbare Beihilfe kann nur zu einer strafbaren Haupttat geleistet werden. Somit kann eine Beihilfe zur Selbsttötung nach aktueller Rechtslage nicht unter Strafe gestellt werden. Es ist ein eigener Straftatbestand erforderlich, um Fälle, wie denjenigen von Herrn Kusch strafrechtlich handhabbar machen zu können. Herr Rüddel unterstützt nachdrücklich die Aussagen des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und FDP. Demnach soll die gewerbsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung unter Strafe gestellt werden. Damit wären auch die Aktivitäten der Schweizer Firma Dignitas in Deutschland unter Strafe gestellt. Da sich die christlich-liberale Koalition dies zu einer Ihrer Aufgaben in der laufenden Legislaturperiode gemacht hat, ist Herr Rüddel fest davon überzeugt, dass es eine dahingehende Gesetzesinitiative geben wird, die seine Unterstützung findet. |
Sabine Bätzing-Lichtenthäler | SPD | 198 | Das Thema Selbsttötung ist ein schwieriges. Ich selber könnte mir für mich weder eine Selbsttötung vorstellen, noch könnte ich -ich war nicht in einer solchen Situation- mir, für mich persönlich, eine Beihilfe zur Selbsttötung bei einem Angehörigen vorstellen. Grundsätzlich gilt auch bei anderen Personen, wo ich nicht persönlich involviert bin, zunächst, dass alles getan werden sollte, um die psychische Krankheit, die die Neigung zur Selbsttötung fördert, zu bekämpfen, oder um die Beschwerden zu beseitigen, die das Leben unerträglich machen. Ich meine aber auch, dass es Menschen geben kann, die das anders empfinden. Es kann Menschen geben, die nicht mehr leben wollen. Man mag dem entgegenhalten, dass sich vielleicht noch etwas ändert, dass sie dies noch einmal anders sehen, aber es gibt Menschen, die so krank sind, denen es so schlecht geht, dass ich ihren Wunsch zu sterben nachvollziehen kann. Wenn nun ein Angehöriger oder enger Freund einer solchen Person das Leid miterlebt. Wenn er von der Person gebeten wird zu helfen. Wenn dies ein andauernder und mehrfach geäußerter Wunsch ist, so werde und will ich das Verhalten dieses Menschen, der einem anderen Menschen zum gewünschten Tod verhilft, nicht verurteilen. Ich heiße es nicht gut, aber ich maße mir eben auch nicht an, darüber zu urteilen. Daher möchte ich dieses Verhalten nicht strafbar belangen. Anders sieht dies bei Sterbehilfeorganisationen aus. Mir fehlt hier die persönliche Komponente, die hilft, eine menschliche Entscheidung für den betroffenen zu treffen. Letztlich ergeht dort eine Entscheidung nach objektiven Kriterien. Es muss eine Einwilligung vorliegen etc. Es fehlt auch die emotionale Zwangslage, die es bei einem engen Angehörigen oder Freund gibt. Eine Entscheidung über eine Strafbarkeit ist also letztlich nur im Einzelfall möglich, bei Sterbehilfeorganisationen sehe ich keine Grund für eine Straffreiheit. |
Elke Hoff | FDP | 198 | |
Mechthild Heil | CDU | 199 | Auch wenn wir als Katholiken dies möglicherweise anders sehen, aber Selbsttötung als Haupttat ist in Deutschland straflos. Und strafbare Beihilfe kann man nur zu einer strafbaren Haupttat leisten. Beihilfe zur Selbsttötung kann also nicht unter Strafe gestellt werden. Es ist deshalb ein eigener Straftatbestand erforderlich, um Fälle, wie denjenigen von Herrn Kusch strafrechtlich bewältigen zu können. Ich unterstütze unbedingt, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, nämlich die gewerbsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung unter Strafe zu stellen. Damit wären dann auch beispielsweise die Aktivitäten der Schweizer Firma Dignitas in Deutschland unter Strafe gestellt. Wann im Laufe der Legislaturperiode mit einem entsprechenden Gesetzentwurf zu rechnen ist, lässt sich derzeit allerdings noch nicht genau sagen. |
Andrea Nahles | SPD | 199 | Ich finde, dass dies ein sehr sensibles Thema und keines für drei Sätze ist. Alle, die sich damit beschäftigen, wissen wie kompliziert auch die deutsche Rechtsprechung ist. Derzeit würde ich keine Gesetzesinitiative unterstützen oder initiieren, da ich mich erst intensiver mit der Problematik auseinandersetzen muss. |
Michael Fuchs | CDU | 200 | |
Josef Philip Winkler | Grüne | 200 | |
Peter Bleser | CDU | 201 | Meiner Ansicht nach ist im deutschen Strafrecht die eigenverantwortliche Selbsttötung ebenso wie deren Versuch oder die Teilnahme daran straflos, weil sich die Selbsttötung nicht gegen einen anderen Menschen richtet. Dies bedeutet aber in keiner Weise, dass ein Recht auf Selbsttötung bestünde. In Deutschland fehlt allerdings weiterhin ein Straftatbestand, mit dem die gewerbliche Suizidbeihilfe unter Strafe gestellt wird. Daher werde ich ein Verbot der „organisierten Beihilfe zur Selbsttötung“ unbedingt unterstützen. Ich stehe damit voll hinter der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und FDP, die gewerbsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung unter Strafe stellen zu wollen. Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: „Die gewerbsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung werden wir unter Strafe stellen.“ Ich gehe davon aus, dass dies in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden wird. Das Ziel unserer Gesellschaft und jedes Einzelnen muss es sein, dem Nächsten gegenüber aufmerksam zu sein und Menschen in einer verzweifelten Situation zu helfen. Vor diesem Hintergrund müssen wir auch die Palliativmedizin und die Hospizarbeit stärken und mehr in den Fokus rücken. |
Julia Klöckner | CDU | 202 | Ich lehne aktive Sterbehilfe ab, unterstütze hingegen ausdrücklich den Einsatz für ein Sterben in Würde, wie es etwa in Hospizeinrichtungen oder durch die Begleitung eines ambulanten Hospizdienstes der Fall ist. Das Ziel muss hier sein, den Menschen, die am Ende ihres Lebens angekommen sind, ihre Schmerzen und Ängste zu nehmen und sie bis zuletzt behutsam zu begleiten. Aktive Sterbehilfe oder assistierte Selbsttötung sind für mich keine Alternativen. Es geht jedoch nicht darum, in das Selbstbestimmungsrecht sterbenskranker Menschen einzugreifen. Denn wenn jede Heilbehandlung nur mit Einwilligung des Patienten zulässig ist, ist auch eine lebensverlängernde Behandlung vom Einverständnis des Patienten abhängig. Damit ist sie folglich auch gegen seinen ausdrücklichen Willen unzulässig. Die zurzeit bestehenden Regelungen, die zwischen strafbarer aktiver Sterbehilfe und straffreier passiver oder indirekter Sterbehilfe differenzieren, haben sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich bewährt. Aktive Sterbehilfe ist für mich weiterhin nicht hinnehmbar. In meinen Augen liegt darin die Gefahr der Kommerzialisierung von Selbsttötungen, also Entwicklungen, bei denen gewerbliche Organisationen aus der Verzweiflung sterbenskranker oder lebensunwilliger Menschen ein Geschäftsmodell machen. Aus diesem sowie den weiteren erwähnten Gründen haben wir auch im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP festgelegt, dass wir gerade diese gewerbsmäßige Vermittlung von Möglichkeiten zur Selbsttötung unter Strafe stellen wollen. |
Fritz-Rudolf Körper | SPD | 202 | |
Patrick Schnieder | CDU | 203 | Die Beihilfe zur Selbsttötung ist zurzeit in Deutschland nicht unter Strafe gestellt. Grund dafür ist, dass die Selbsttötung als Haupttat nicht strafbar ist und meines Erachtens auch nicht strafbar sein kann. Deshalb sehe ich auch keine Möglichkeit und Notwendigkeit die Beihilfe zum Suizid unter Strafe zu stellen. Hier greifen die Mittel des Strafrechts zu kurz. Vielmehr müssen Hilfen für den zur Selbsttötung Entschlossenen angeboten werden. Anders beurteile ich ein Verbot der „organisierten Beihilfe zur Selbsttötung“. Hier führt der Koalitionsvertrag aus, dass die Koalitionsparteien die gewerbsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung unter Strafe stellen wollen. Ich gehe davon aus, dass dies in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden wird. |
Dr. Edmund Geisen | FDP | 203 | Hierzu erwarte ich zunächst eine Überprüfung und Kommentierung von Fachjuristen, gegebenenfalls, wenn notwendig, Vorschläge zu einer Gesetzesänderung. Ich persönlich bin als katholischer Christ selbstverständlich für ein Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung. |
Ulrike Höfken | Grüne | 203 | Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 25.06.2010 hat die Selbstbestimmung und den Erhalt der menschlichen Würde zum Maßstab aller Entscheidungen am Lebensende gemacht. Zum Erhalt der Selbstbestimmung gehört dabei ausdrücklich die Möglichkeit, eine sinnlose medizinische Behandlung zur Herauszögerung des natürlichen Todes nicht weiterzuführen. Damit wurde ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Patientenrechte erreicht. Hiervon unterscheidet sich aber grundsätzlich eine Tötung auf Verlangen, wie sie Herr Kusch nicht nur legalisieren, sondern auch kommerzialisieren möchte. Dies lehne ich aus ethischen Gründen grundsätzlich ab, eine Neuausrichtung der jetzigen Gesetzeslage in diesem Bereich würde ich persönlich nicht initiieren oder unterstützen. Anstatt dem Leben künstlich, abrupt und möglicherweise unbedacht ein Ende zu setzen, weil jemand sein Leben – womöglich vorübergehend - nicht mehr lebenswert findet, sollten die psychologische und seelsorgerische Versorgung für Patienten, aber auch Angehörige verstärkt werden, palliativmedizinische Behandlungen weiterentwickelt und die hospizielle Begleitung im letzten Lebensabschnitt verbessert werden. Auch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Sachen Sterbehilfe bleiben Unsicherheiten. Die Tragweite einer solchen Entscheidung stellt für die Angehörigen eine unglaubliche Belastungsprobe dar, bei der sie nicht allein gelassen werden sollten. Sie muss deshalb eine gemeinsame Entscheidung von Angehörigen, Ärzten und Pflegepersonal sein. Das heutige Urteil ersetzt nicht die Auseinandersetzung, die einer solchen, gemeinsamen Entscheidung vorausgehen muss. Gerade eine Debatte über unsere Kultur des Sterbens und über die Wertschätzung auch dieses letzten Lebensabschnittes, der zum Leben dazugehört, fehlt in unserer Gesellschaft bis heute, genau wie mehr Hospizbetten und mehr Palliativplätze. Das Urteil des Bundesgerichtshofes gibt uns deutlicher denn je die Aufgabe, die Grenze zwischen dem menschlich gebotenen Zulassen des natürlichen Todes und der ethisch nicht vertretbaren Tötung auf Verlangen deutlich zu ziehen und die Diskussion darüber auch öffentlich zu führen. |
Bernhard Kaster | CDU | 204 | |
Manfred Nink | SPD | 204 | |
Katrin Werner | Linke | 204 | |
Joachim Hörster | CDU | 205 | |
Ute Granold | CDU | 206 | Vorab möchte ich betonen, dass ich absolut gegen jede Form der aktiven Sterbehilfe bin. Eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe lehne ich strikt ab. Nützlichkeitserwägungen dürfen niemals über den Schutz menschlichen Lebens gestellt werden. Ich unterstütze daher nachdrücklich den Einsatz für ein Sterben in Würde - wie etwa in der Hospizbewegung - und setze mich dafür ein, die palliativmedizinischen Versorgungsangebote weiter auszubauen und zu fördern. Ein Verbot der "einfachen" Beihilfe zur Selbsttötung hielte ich hingegen für falsch. Selbsttötung bzw. der Versuch der Selbsttötung ist in Deutschland nicht strafbar. Daran sollten wir auch in Zukunft nichts ändern. Im Strafrecht ist in der Regel nur die Beihilfe zu einer anderen vorsätzlich begangenen, rechtswidrigen Haupttat strafbar. Da die Selbsttötung selbst keine Straftat ist, kann folglich auch die "einfache" Beihilfe zur Selbsttötung nicht unter Strafe gestellt werden. Anders stellt sich die Situation aber bei der "organisierten und gewerblichen" Beihilfe dar. Hier sind andere Rechtsgüter betroffen, die es durchaus rechtfertigen würden, diese besondere Form an sich als strafwürdige Handlung einzustufen und einen eigenen Straftatbestand unabhängig von der Straflosigkeit der Selbsttötung selbst einzuführen. Für einen solchen eigenständigen Straftatbestand "organisierte und gewerbliche Beihilfe zur Selbsttötung" wäre ich also offen. Darüber hinaus sollten auch geeignete Maßnahmen gegen entsprechende Geschäftspraktiken auf Verwaltungsebene (z.B. Allgemeines Ordnungs- und Gewerberecht) geprüft werden. |
Michael Hartmann | SPD | 206 | |
Rainer Brüderle | FDP | 206 | |
Tabea Rößner | Grüne | 206 | Als neue Abgeordnete habe ich mich bisher nicht mit dem Thema Beihilfe zur Selbsttötung befasst. Deshalb hat die Beantwortung auch etwas länger gedauert. Aber ihre Anfrage hat mir die Gelegenheit gegeben, mich mit diesem interessanten Aspekt, der viele Menschen, die Sterbende begleiten, betrifft, näher zu beschäftigen. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Beihilfe zum Suizid straflos bleiben muss. Denn wenn die Selbsttötung selbst straffrei ist, dann kann die Beihilfe nicht strafbar sein. Was ein Verbot der organisierten Beihilfe zur Selbsttötung betrifft, diskutieren meine Kolleginnen und Kollegen der Rechtspolitik, ob die gewerbsmäßige Sterbehilfe unter Strafe zu stellen ist, wenn dieser ein Gewinnstreben zu Grunde liegt. Denn so erwünscht das auf den ersten Blick erscheinen mag, gibt es doch einige juristische Schwierigkeiten, die sich einer sauberen Trennung zwischen -gewerbsmäßig- und -nicht gewerbsmäßig- entgegenstellen. Ein anderer zu prüfender Ansatzpunkt könnte aber auch sein, dass die Gewerbeaufsicht oder eine andere zuständige Behörde einschreitet. Nicht alles was moralisch fragwürdig ist, sollte auch strafbar sein. Die Schwierigkeit eines Gesetzes, das bestimmte Formen der Suizid-Beihilfe (gewerbsmäßig, vereinsmäßig) verbieten wollte, läge darin, es so präzise zu formulieren, dass wirklich nur strafwürdige Verhaltensweisen unter Strafe gestellt werden. Es ist auch zu bedenken, dass es in existenziellen Grenzsituationen immer wieder schwere Notlagen gibt, auf die kein Gesetz passt. |
Klaus Hagemann | SPD | 207 | |
Manuel Höferlin | FDP | 207 | Die FDP lehnt eine Strafbarkeit für die sog. geschäftsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung ab. Geschäftsmäßigkeit liegt auch dann vor, wenn jemand ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt. Eine solche Strafbarkeit hätte zur Folge, dass jemand in eine rechtliche Grauzone gerät, der bspw. eine Beratung anbietet oder Informationen weitergibt. Einbezogen in die Strafbarkeit sind auch bloße Vermittlungstätigkeiten. Eine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit wird bei einem geschäftsmäßigen Handeln nicht verlangt. Da der Erfolgsgesichtspunkt ausgeblendet wird, können auch altruistische Motive der Geschäftsmäßigkeit die Strafbarkeit begründen. Auch Beihilfehandlungen aus caritativen oder seelsorgerischen Motiven werden damit unter Strafe gestellt, soweit sie das Ausmaß der individuellen Unterstützung verlassen. Die Strafbarkeit wäre damit weit in das Vorfeld einer Lebensgefährdung vorverlagert. Mit einer solchen Strafvorschrift wäre künftig nicht auszuschließen, dass auch bislang straflose Verhaltensweisen, wie die indirekte oder passive Sterbegleitung von der Strafbarkeit erfasst würden. Hier wird deutlich, dass die Befürworter einer solchen Regelung über die Strafbarkeit der Beihilfe zur Selbsttötung hinaus auch eine mögliche rechtliche Neubewertung der Selbsttötung im Blick haben. Eine rein gewinnorientierte Vermittlung von Sterbehilfe lehnt die FDP ab. Es widerspricht dem Menschenbild des Grundgesetzes, wenn mit dem Suizid und mit dem Leid anderer Menschen Geschäfte gemacht werden. Bezüglich der Weitergabe von entsprechenden tödlich wirkenden Medikamenten ist darauf hinzuweisen, dass dies in Deutschland schon heute aufgrund der strengen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verboten ist. Aus diesen Gründen spreche ich mich gegen eine Initiative zum Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung aus. |
Dr. Maria Böhmer | CDU | 208 | Ich habe mich sehr stark in die Debatte um die gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen eingebracht und damit meine Position zu einem Sterben in Würde und zum Schutz des Lebens zum Ausdruck gebracht. Ich war Erstunterzeichnerin des Gesetzentwurfs von Wolfgang Bosbach, der den Schutz des Lebens über alles andere stellte. Dieser Entwurf fand leider keine Mehrheit im Deutschen Bundestag. |
Doris Barnett | SPD | 208 | |
Kathrin Sänger-Schäfer | Linke | 208 | Frau Sänger-Schäfer akzeptiert die jetzige Regelung zu diesem Thema und sieht zur Zeit keinen Handlungsbedarf. |
Norbert Schindler | CDU | 209 | |
Gustav Herzog | SPD | 210 | |
Alexander Ulrich | Linke | 210 | DIE LINKE wendet sich gegen die Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid. Der Suizid ist straffrei, die Beihilfe muss es aus dogmatischen Gründen auch bleiben. Für den Bereich der organisierten Beihilfe aus Gewinnsucht stellt sich die mehr gesundheitspolitische Frage, wie dem Problem (ggf. mit ordnungsrechtlichen Mitteln) begegnet werden kann. Das Strafrecht ist jedoch nicht geeignet, diesen Zweck zu erfüllen. Der Suizid ist straflos, die Beihilfe auch. Im Bundesrat wurde eine ähnliche Initiative bereits in der letzten Wahlperiode nicht weiter verfolgt. Es soll nun ein Straftatbestand eingefügt werden, der die Werbung für den Suizid unter Strafe stellt. Gegen den letzten GE aus der 16.WP zu diesem Thema wendete sich bspw. der DRB mit seiner Kritik. "Das Ziel, ethisch verwerfliche Geschäfte mit dem Tod zu bekämpfen, ist richtig. Die Politik macht den Menschen aber etwas vor, wenn sie den Eindruck erweckt, das Problem der geschäftsmäßigen Sterbehilfe lasse sich mit dem Strafrecht lösen." "Staatsanwälte müssten dann von Amts wegen jedem Hinweis auf eine geplante professionelle Sterbehilfe nachgehen, also in jedem Einzelfall in die Intimsphäre alter oder todkranker Menschen eindringen, um die Umstände ihres Sterbewillens aufzuklären", sagte der Vorsitzende des Richterbundes. Diese Kritik ist auch auf den vorliegenden GE übertragbar. Die Frage nach dem zu schützenden Rechtsgut lässt sich nicht hinreichend beantworten. Auch die Abgrenzung zu sozialadäquatem Verhalten wäre nach einem solchen Tatbestand äußerst schwierig. Sozialadäquates Verhalten drohte mithin strafbar zu werden. Das gilt umso mehr, als auch ein möglicher kriminalpolitischer Effekt der neuen Strafvorschrift nicht zu sehen wäre. Nach ihren Satzungen verfolgen "Dignitas" und "Exit" keine kommerziellen Zwecke, so dass Gewinnsucht in der Regel ausscheiden dürfte. Insoweit stünde zu erwarten, dass die Strafnorm an Stelle der eigentlichen Zielgruppe der "professionellen Suizidhelfer" den "Normalbürger" erreichen würde, der sich dann unerträglich ausforschenden Untersuchungen ausgesetzt sehen könnte, wenn sich in seinem Umfeld ein Suizid ereignet hat. Ernüchternd ist der Blick ins Ausland. In der Schweiz existiert eine vergleichbare Strafvorschrift (Art. 115 SchweizStGB), deren praktische Bedeutung gering ist. Da auch Art. 115 SchweizStGB selbstsüchtige Beweggründe voraussetzt, gerät Dignitas dort derzeit nicht ins Visier des Strafrechts. In Österreich ist sogar - weitergehend - die schlichte Mitwirkung am Selbstmord strafbar (§ 78 ÖsterStGB). Die Strafvorschrift ist gleichwohl ebenfalls praktisch bedeutungslos, so dass ein führender Kommentator abschließend meint: "Die praktische Zweckhaftigkeit der Strafdrohung ist höchst zweifelhaft ... Die Selbstmordverhütung mit Mitteln des Strafrechts ist praktisch sinnlos."(Moos, in: Wiener Kommentar zum StGB, 2002, § 78 Rn. 5)." |
Anita Schäfer | CDU | 211 | |
Dr. Thomas Gebhart | CDU | 212 | |
Dr. Volker Wissing | FDP | 212 | Der Gesetzgeber kann und soll nicht alle ethischen Fragen allgemeinverbindlich beantworten. Gerade im Bereich Sterbehilfe oder Selbsttötung ist das Strafrecht ein nur sehr bedingt geeignetes Instrument. Das eigentliche Problem ist doch weniger die Beihilfe zur Selbsttötung als die Lebensmüdigkeit von Menschen. Wichtiger als ein Verbot sind für mich daher umfassende Beratungs- und Hilfsangebote für Menschen in Krisensituationen. Ziel einer Gesellschaft muss es sein, alles daran zu setzen, Menschen in einer verzweifelten Situation zu helfen. Das Strafrecht dient dazu Schaden von der Gesellschaft fernzuhalten. Ein Suizid, egal ob mit oder ohne Beihilfe, richtet sich zunächst einmal gegen den Betroffenen selbst. Selbsttötungen waren und sind ein trauriges und tragisches Phänomen. Im Zusammenhang mit Suiziden halte ich das Strafrecht für kein angemessenes Instrument. |