Lebensschutz in Rheinland-Pfalz

Wahlprüfsteine 2017 - Antworten von Corinna Rüffer

Corinna Rüffer kandidiert für B90/Grüne im Wahlkreis 203 (Trier). Nachfolgend sind die Antworten auf die Wahlprüfsteine zum Lebensschutz für die Bundestagswahl 2017 wiedergegeben. Hierbei gab es die Möglichkeit, entweder eine Antwort aus den vorgegebenen Optionen zu wählen oder eine eigene Stellungnahme zu formulieren.

Beginn des menschlichen Lebens und Anerkennung der Menschenwürde

Für uns Grüne steht der Mensch im Mittelpunkt der Politik. Die Würde jedes Einzelnen ist unantastbar. Das gilt auch für schwangere Frauen und deren Entscheidungsfreiheit. Es muss ein Recht auf Information und gute Beratung geben. Wir sollten aufhören, Menschen an ihren Defiziten zu messen. Personen mit Behinderungen sind mehr als die Behinderung. Ihre Würde von Intellekt, Leidensfähigkeit oder Selbstbewusstsein abhängig zu machen, lässt sich mit dem Geist unserer Verfassung nicht vereinbaren und wäre menschlich abstoßend.

Gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs

Frauen müssen über ihre Schwangerschaft frei entscheiden dürfen. Anzunehmen, dass sie es sich leicht machen würden, ist grundfalsch. Es wäre vielmehr geboten, Schwangeren in Notsituationen gute Beratung und echte Hilfestellungen anzubieten. Leider mangelt es daran.

Finanzierung des Schwangerschaftsabbruchs

Finanzielle Restriktionen sind kein geeignetes Mittel, die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche zu senken. Noch weniger sollten sie dazu dienen, Frauen für ihre Entscheidung zu sanktionieren. Die Finanzierung eines Schwangerschaftsabbruchs aus Steuermitteln bei Bedürftigkeit ist daher eine sinnvolle Lösung, Frauen in ihrer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstützen. Noch wichtiger ist es allerdings, dass Menschen mit geringem Einkommen Verhütungsmittel unentgeltlich bereitgestellt werden. Eine solche Übernahme ist derzeit nicht flächendeckend gewährleistet und zudem den Betroffenen noch zu wenig bekannt. Wir Grünen setzten uns dafür ein, dass dies anders wird.

„Pille danach“

Selbstbestimmung und der gesicherte Zugang zur Familienplanung sind wesentliche Bereiche der sexuellen und reproduktiven Rechte. Dazu gehört auch der niedrigschwellige Zugang zum Notfallverhütungsmittel „Pille danach“. Frauen müssen über ihre Schwangerschaft frei entscheiden können. Die „Pille danach“ ist eine schonende Alternative zur Abtreibung. Sie muss deshalb rezeptfrei erhältlich sein. Auf die Nebenwirkungen und die Notwendigkeit von Kontrolluntersuchungen soll hingewiesen werden.

Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen

Die Forschung an embryonalen Stammzellen hat bislang kaum Erfolge gezeigt und befindet sich weiter im Stadium der Grundlagenforschung. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen befürwortet, das Potential induzierter pluripotenter Stammzellen (iPS) als mögliche Alternative zur Verwendung embryonaler Stammzellen stärker in den Fokus zu nehmen.

Reproduktives Klonen von Menschen

Wir setzen uns für eine internationale Ächtung des reproduktiven Klonens ein.

Anwendung der Präimplantationsdiagnostik

Mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) wird vor seiner Einsetzung in die Gebärmutter ein aus einer künstlichen Befruchtung hervorgegangener Embryo auf mögliche Erbkrankheiten oder genetische Auffälligkeiten untersucht. Embryonen, die diese Auffälligkeiten zeigen, werden dann verworfen. 2011 hat der Bundestag eine begrenzte Zulassung der PID beschlossen. Paare können eine PID durchführen lassen, wenn ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist und eine unabhängige Ethikkommission diesem Verfahren zustimmt. Ich hätte der Zulassung der PID nicht zugestimmt.

Pränatale Bluttests bei Schwangeren

In dieser Wahlperiode habe ich die fraktionsübergreifende Kleine Anfrage „Vorgeburtliche Blutuntersuchung zur Feststellung des Down-Syndroms“ (BT-Drs.: 18/4574) mit initiiert. In der Antwort offenbarte die Bundesregierung, dass ihr elementare Erkenntnisse zur Pränataldiagnostik fehlen. Die ethischen Fragen und möglichen gesellschaftlichen Auswirkungen interessierte die Bundesregierung wenig. Wir brauchen eine ernsthafte, intensive und öffentliche Debatte über pränatale Bluttests, bei der insbesondere auch Verbände und Selbstorganisationen von Menschen mit Behinderung einbezogen werden. Mit großer Sorge beobachte ich zudem das derzeit laufende Methodenbewertungsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für nichtinvasive Pränataldiagnostik (NIPD). Das Methodenbewertungsverfahren ist ein entscheidender Schritt, um den vorgeburtlichen Bluttest auf Trisomie 21 (Down-Syndrom) zu einer regulären Kassenleistung zu machen. Der Bluttest dient ausschließlich dazu, nach einer Trisomie zu suchen. Er hat keinerlei medizinischen Nutzen, wie beispielsweise die bessere Versorgung von Mutter oder Kind – aber Trisomien erscheinen als ein weiteres von vielen vermeidbaren „Risiken“. Momentan wird davon ausgegangen, dass 90% der Paare, bei deren ungeborenem Kind die Diagnose Down-Syndrom gestellt wird, die Schwangerschaft abbrechen, auch wenn das Kind durchaus lebensfähig ist. Die Möglichkeit, sehr früh und „risikoarm“ zu testen, könnte auch die gesellschaftliche Erwartung erzeugen, diese Angebote nutzen zu müssen. Damit erhöhen sich möglicherweise auch der Druck und die individuelle Verantwortung, ein „perfektes“ Kind zu gebären. Eltern, die sich dann gegen den Test oder wissentlich für ein behindertes Kind entscheiden, könnten immer mehr in Erklärungsnöte geraten.

Gesetzliche Regelung der Patientenverfügung

Die gesetzlichen Regelungen zur Patientenverfügung von 2009 haben die rechtliche Verbindlichkeit solcher Verfügungen zum ersten Mal gesetzlich festgeschrieben, nachdem in dieser Frage jahrelang Rechtsunsicherheit herrschte. Die Zahl der Patientenverfügungen hat seitdem zugenommen, auch wenn es vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt war, niemanden zu einer solchen Erklärung zu verpflichten. Diese Entscheidung muss immer eine persönliche bleiben. Bei der Etablierung von Patientenverfügungen in der Praxis zeigen sich bisweilen allerdings erhebliche Probleme. Zum einen sind mündliche oder mutmaßliche Willensäußerung des Betroffenen oft nicht sicher zu ermitteln oder zwischen den Angehörigen umstritten, zum anderen ist vor Erstellung einer Patientenverfügung keine Beratung vorgeschrieben, so dass die Verfügungen häufig ohne medizinisches Hintergrundwissen erstellt werden. In der konkreten Anwendung haben die jeweiligen ÄrztInnen dann häufig Probleme, die Verfügungen auf die konkrete Behandlungssituation anzuwenden. Auch im Verhältnis von Patientenverfügung und Organspendeerklärung gibt es Unsicherheiten und ungeklärte Widersprüche. Ob die Regelung vom Gesetzgeber noch mal nachgebessert werden wird, lässt sich momentan nicht absehen. Da es sich dabei um eine ethische Entscheidung handelt, gab es bereits 2009 innerhalb der grünen Bundestagsfraktion unterschiedliche Auffassungen über die Ausgestaltung einer solchen Regelung. Einig waren sich alle Abgeordneten allerdings darin, dass der Wille der/des Betroffenen beachtet werden und Leitlinie aller Therapieentscheidungen sein muss. Wir treten für die Einführung einer Behandlungsvereinbarung als Pflichtangebot für psychiatrische Krankenhäuser ein. Die Behandlungsvereinbarung würde neben die Patientenverfügung treten. Während die Patientenverfügung eher Behandlungsausschlüsse formuliert, kann die Behandlungsvereinbarung Behandlungswünsche deutlich machen und verpflichtet zugleich die behandelnden TherapeutInnen. So können Betroffene, wenn sie es möchten, gemeinsam mit ihrem Arzt oder Psychotherapeuten festlegen, wie sie im Zustand der Einwilligungsunfähigkeit behandelt werden möchten. Davon würden Menschen mit psychischen Erkrankungen profitieren, indem sie zu einem Zeitpunkt der Entscheidungsfähigkeit eine Vereinbarung für psychiatrische Krisen mit der behandelnden Einrichtung schließen. Eine Behandlungsvereinbarung ist daher ein sinnvolles Instrument, um das Selbstbestimmungsrecht der Patientinnen und Patienten zu stärken und Zwangsbehandlungen zu vermeiden.

Beihilfe zum Suizid

Bei der Abstimmung über verschiedene Gesetzentwürfe im Jahr 2015 habe ich den Gesetzentwurf „Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ (BT-Drs. 18/5373) unterstützt, der eine geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe stellt.

Aktive Sterbehilfe

Die steigende Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe muss unserer Meinung nach im Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion über Missstände in unserem Gesundheits- und Pflegesystem gesehen werden. Auch die kaum entwickelte gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Themen Krankheit, Sterben und Tod im Sinne einer Kultur des Sterbens befördert die Furcht vor einem fremdbestimmten und unwürdigen Sterben. Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für eine vorsorgende und vorausschauende Versorgungsstruktur ein, die sich an den individuellen Wünschen und Bedürfnissen, aber auch an den Wertvorstellungen der Patienten und ihrer Angehörigen orientiert. Unabhängig von Verbotsfragen ist für uns wichtig, dass noch mehr unternommen wird, den Menschen die Angst vor unerträglichen Schmerzen und vor einem qualvollen Tod zu nehmen. Dazu gehört, die Palliativmedizin und die Hospizbewegung weiter zu stärken und deren Angebote noch bekannter zu machen.

Organentnahme von toten Spendern

Die existierende Entscheidungslösung ist der richtige Weg, um die Organspendebereitschaft zu erhöhen und sollte beibehalten werden.

Leihmutterschaft

Die Leihmutterschaft muss in Deutschland verboten bleiben.